10.12.2007 Schwäbische Zeitung: Wettkönig aus Sulmingen

Bauer Jehle ist ganz sicher: So schmatzt nur Hilde

SULMINGEN - Mit seinen Äpfel kauenden Kühen, die er mit verbundenen Augen am Schmatzen erkennt, hat Achim Jehle am Samstagabend in der Fernsehshow "Wetten Dass...?" die Zuschauer begeistert. In seinem Heimatdorf Sulmingen (Kreis Biberach) feierten sie "ihren" Wettkönig bis tief in die Nacht hinein.

"Ein Bauernhof hat doch was Beruhigendes", meint Thomas Gottschalk, als die Bilder aus dem beschaulichen Kuhstall in Sulmingen am Samstagabend über den Bildschirm flimmern. Dort war es mit der Ruhe allerdings schon seit Tagen vorbei: Übertragungswagen, Kabel, Scheinwerfer, Kameras und emsig umherlaufende Menschen mit Kopfhörern und Klemmbrettern bestimmten das Bild auf der abgesperrten Straße vor dem Jehle-Hof. "Die sind mit 40 Leuten gekommen - mehr als ich Kühe habe", meint Jungbauer und Wettkandidat Achim Jehle hinterher. Kühe hat er nämlich nur 18. "Eigentlich hätten wir noch weniger, aber wegen der Wette konnten wir in den vergangenen Monaten keine Kuh mehr abgeben", erzählt der 33-jährige Nebenerwerbslandwirt.

Trotz der für "Wetten Dass...?" üblichen Geheimniskrämerei hatte das Gerücht in dem 700-Seelen-Dorf zwischen Biberach und Laupheim vorige Woche schnell die Runde gemacht, dass am Samstagabend etwas Spektakuläres mit Jehles Kühen passieren wird. "Vielleicht können die tanzen", meint einer der mehreren hundert Schaulustigen, die zum Hof gekommen sind, um die Lösung des Rätsels live zu erleben. "Oder sie muhen Weihnachtslieder", vermutet ein anderer. Bis sie es erfahren, werden sie vom ZDF allerdings auf eine harte Geduldsprobe gestellt.

Wer im benachbarten Gasthof "Jägerhaus" keinen Platz mehr findet, wo die Fernsehleute einen kleinen Monitor aufgebaut haben, muss in der Kälte vor der Absperrung warten. An den aufgebauten Essens- und Getränkeständen geht mit Beginn der Sendung das Licht aus und der Zapfhahn steht still. "Wir brauchen für die Wette absolute Ruhe", sagt Produktionsleiterin Nadja Kemari den elf Männern von der Freiwilligen Feuerwehr aus Sulmingen, die daraufhin die Absperrgitter noch weiter vom Bauernhof wegschieben. Wer einen Platz in den vorderen Reihen ergattert hat, kann die Sendung aus Graz zumindest auf einem kleinen Fernseher, der auf einem der Ausschankstände steht, mitverfolgen. Ohne Ton versteht sich. Auch Bürgermeister Elmar Braun kommt zu den Leuten ans Gitter: "Seid bitte ruhig. Wir wollen, dass die Wette klappt", appelliert er an seine Sulminger.

Im mit Strohballen dekorierten Schuppen sitzt Achim Jehle derweil vor einem Melkgatter zwischen drei Kameras und konzentriert sich. Bei der Generalprobe ist seine Wette komplett schief gegangen. "Wir mussten mit den Kühen fünf Mal üben. Die waren am Ende total fertig, da ging nichts mehr", sagt er. Und dass, obwohl er seit drei Wochen täglich mit den Tieren geübt hatte: "Immer im gleichen Pullover, damit sie sich daran gewöhnen." Sogar mehrere Halogenscheinwerfer hatte er im Schuppen installiert, um für die Tiere eine Fernsehsituation zu simulieren. Als Thomas Gottschalk ihn nach gut einer Stunde via Monitor aus Graz begrüßt, schlägt dem 33-Jährigen das Herz bis zum Hals. Kuh Ida ist die Erste, die Jehle am Schmatzen erkennen soll. Mit einem lang gezogenen "Moggi" animiert er sie zum Apfelverzehr. Drei Äpfel und drei "Moggis" später, ist sich der Jungbauer noch immer nicht sicher, wer da neben seinem Ohr schmatzt. Geht alles schon wieder schief? Einen kleinen Tipp von Gottschalk hört Jehle nicht, weil der Ton abgedreht ist - nichts soll seine Konzentration stören. Auch bei den Zuschauern im Freien herrscht gespannte Stille. "Ida kaut den Apfel lang und matscht zum Schluss", verrät Jehle, warum er sich schließlich doch richtig entscheidet. Ab da läuft es: Hilde erkennt er am gierigen Zupacken und langsamen Kauen und Luise an ihrem vorsichtigen Umgang mit den Äpfeln.

Jubel setzt ein, der weitere Verlauf der Sendung und die anderen Wetten beachtet in Sulmingen keiner mehr. Graz und der ganze Showglamour sind weit weg. Achim Jehle läuft mit seinen Helfern nach draußen, lässt sich von den Sulmingern feiern. "Danke, dass ihr so ruhig wart. Ich hab´ gar nicht gemerkt, wie viele von euch hier draußen waren", ruft er den Leuten zu. Hinter ihm steht sein Vater Karl und wischt sich die Tränen aus den Augen.

Anderthalb Stunden später bleibt der Wertungsbalken für den Wettkönig bei 89 Prozent stehen - für Achim Jehle. "Ich brech´ ab", meint der fassungslos. "Im Ü-Wagen sind sie völlig aus dem Häuschen", sagt eine ZDF-Mitarbeiterin zu ihm. "Moggi, Moggi!", schallt es von draußen und wird nun wahrscheinlich zum neuen Kultwort in Sulmingen. Die Partynacht im "Jägerhaus" dauert bis in den frühen Morgen. Und ob die von Gottschalk beschworene Ruhe auf dem Bauernhof Jehle vor Weihnachten wieder einkehrt, ist fraglich. Der Postbote in Sulmingen dürfte demnächst jedenfalls noch einiges zu tun haben. Schließlich hat Achim Jehle bei "Wetten Dass...?" auch verraten, dass Bauer noch Frau sucht.

Redakteur: Gerd Mägerle
Veröffentlicht mit der freundlichen Genehmigung der Schwäbischen Zeitung

 

<< Zurück zur Übersicht

 

 
   Home | Datenschutz | Impressum | © 2009 by central solutions
 
 

 
Home News Videos Links Bilder Presse Musik Gästebuch